FOKUSGRUPPEN-INTERVIEWS

Das fokussierte Interview ist eine Form des Leitfaden-Interviews, bei der eine Gruppe von Teilnehmenden zu einem bestimmten Thema befragt werden. Dabei geht es darum, die Reaktionen der Interviewten auf dieses fokussierte Thema detailliert und qualitativ zu erfassen (vgl. DÖRING 2023, S. 373).

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Ziele

Durch die Kommunikationsdynamik der Gruppe soll das Fokusgruppen-Interview die Bandbreite und Intensität verschiedener Meinungen und Einstellungen zu einem Forschungsthema hervorbringen. In Einzelinterviews lässt sich diese Gesprächssituation nicht erzeugen.

Fragestellungen

○ Welche Meinungen und Einstellungen haben die Teilnehmenden zum Forschungsthema?
○ Gibt es Aspekte, die in der Gruppe zu stärkeren Reaktionen führen?
○ Welche Fragen/Aspekte stoßen auf weniger Interesse?

Beschreibung zur Umsetzung

Für das Interview wird eine Gruppe von Teilnehmenden (Anzahl zwischen fünf und zwölf) eingeladen. Das zu diskutierende Thema wird in einem Interviewleitfaden entwickelt und vorbereitet. Je nach Fragestellung wird eine im Hinblick auf die Fragestellung homogene oder heterogene Gruppe zusammengestellt. Alle Gruppenmitglieder äußern ihre Meinungen. Die Gruppenmitglieder hören die Äußerungen der anderen, ordnen diese mit Zustimmung oder Ablehnung ein und reagieren darauf (vgl. DÖRING und BORTZ 2016, S. 356). Das Interview wird in der Regel aufgenommen und transkribiert für die sich anschließende Inhaltsanalyse.

VorteileNachteile
○ Ermöglicht tiefere Einblicke in die subjektiven Interpretationen und emotionalen Reaktionen der Befragten
○ Der Interview-Leitfaden kann während des Interviews flexibel angepasst werden, um neue und unerwartete Reaktionen zu erfassen
○ Durch die Gruppensituation entstehen Impulse für die Diskussion, die in Einzelinterviews nicht möglich sind.
○ Die Durchführung und Auswertung fokussierter Interviews sind ressourcenintensiv.
○ In der Gruppendynamik können sich dominierende Personen und Meinungen durchsetzen.

Practices

In der Studie zum Projekt Lernraum Hochschule (vgl. GLÄSER und KOBSCH 2020, S. 150 ff) wurden verschiedene Gruppen Studierender aus unterschiedlichen Hochschulen zu ihren Erfahrungen im Bereich Lernen und Lernumgebungen befragt. Neben der Einladung zum Interview erhielten die Studierenden auch den Auftrag Fotos zu Lernaktivitäten und Lernräumen ihrer Hochschule mitzubringen bzw. vorab einzusenden. Das Gespräch über die Fotos wurde als Einstieg in das Interview genutzt. Ein Leitfragen-Katalog unterstützte die weitere Strukturierung des Interviews. Durch die Dynamik in der Diskussion und gegenseitige Bezugnahmen, ergaben sich neue inhaltliche Aspekte, die flexibel in das Interview integriert werden konnten. Die Auswertung erfolgte mittels einer Inhaltsanalyse basierend auf dem Interviewtranskript.

Quellen

○ DÖRING, Nicola, 2023. Datenerhebung. In: Nicola DÖRING (Hrsg.), Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften [online]. Berlin, Heidelberg: Springer. S. 321–570. [Zugriff am: 27 Mai 2024]. ISBN 978-3-662-64762-2. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-662-64762-2_10
○ DÖRING, Nicola und Jürgen BORTZ, 2016. Datenerhebung. In: Nicola DÖRING und Jürgen BORTZ (Hrsg.), Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften [online]. Berlin, Heidelberg: Springer. S. 321–577. [Zugriff am: 27 März 2024]. ISBN 978-3-642-41089-5. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-642-41089-5_10
○ GLÄSER, Christine und Laura KOBSCH, 2020. Student Experience in der Lernwelt Hochschule. In: Alexandra BECKER und Richard STANG (Hrsg.), Lernwelt Hochschule: Dimensionen eines Bildungsbereichs im Umbruch [online]. Berlin, Boston: De Gruyter Saur. S. 150–169. Lernwelten. ISBN 978-3-11-059102-6. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1515/9783110591026-008

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